Restaurationsblog:

DKE38 Minerva Sn:20413

Dieser Bericht handelt von der Restauration eines Deutschen Kleinempfängers DKE38 der Firma Minerva mit der Chassis - Seriennummer 20413. Diesen Volksempfänger des Typs "Göbbelsschnauze" habe ich im Jahr 2021 bei Ebay ersteigert. Das Gerät ist in fast fabrikmäßigem Originalzustand und es wurde wenn überhaupt nur wenig daran herumgebastelt.

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Abweichend von den mir bekannten DKE38 - Schaltplänen war die Antennenerde über einen 500pF Kondensator mit der Chassis / Signal - Erde verbunden damit die Antenne nicht mehr separat geerdet werden muss. Wohl zur gleichen Zeit wurde auch der 200pF Kondensator ersetzt. Ich schließe das aus dem Hersteller (beides Kondur Kondensatoren) sowie aus der Qualität der Installation. Ansonsten wurde das originale Stromkabel irgendwann einmal abgeschnitten und durch das kunststoffummantelte Kabel eines Haushaltsgerätes (Tauchsieder, Lampe...) ersetzt. Dieses Ersatzkabel war sehr laienhaft an den kurzen Rest des Originalkabels mit Hilfe einpoliger (mit Original-Malerfarbe verdreckter) Lüsterklemmen geschraubt :-).

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Testumgebung

Der vorige Besitzer hat berichtet dass das Radio bei der letzten Inbetriebnahme nicht mehr funktioniert hat und nur ein lautes Brummen zu hören war. Das ist nicht weiter verwunderlich da ja noch die originalen Elektrolytkondensatoren in der Siebkette verbaut waren welche mittlerweile vollständig ausgetrocknet sind. Erfreulicherweise hat die VY2 - Gleichrichterröhre dabei keinen Schaden genommen, das Sicherungsbändchen zur Kathode ist noch intakt! Ich konnte dieses Brummen selbst hören und mit einem Oszilloskop analysieren indem ich das Radio unter folgenen Schutz- und Vorsichtsmaßnahmen eingeschaltet habe:

Verwendung einer Röhre mit interner Diodenschaltung anstelle der Gleichrichterröhre VY2 (Schonung der Originalröhre)
Verwendung zweier russischer Pentoden des Typs 12Sh1L als Ersatz für die Kombinationsröhre VCL11 (Schonung der Originalröhre)
Verwendung eines Trenntransformators (Selbstschutz)
Verwendung eines Stelltransformators (Schonung des Radios)
Verwendung eines Glühbirnen - Strombegrenzers (Schonung des Radios)
Verwendung eines 700V / 100:1 Differentialtastkopfes (Schonung des Oszilloskops)

VY2 - und VCL11 Ersatzröhren wie die unten gezeigten Beispiele sind für eine Restauration unverzichtbar wenn bei einer Analyse von Schaltungsfehlern und anderen Tests die Originalröhren nicht gefährdet werden sollen. Sobald im Internet Angebote erscheinen sollte man die Chance zum Erwerb nutzen. Ein Selbstbau ist schwierig da die hierfür notwendigen Sockel nur defekten Originalröhren entnommen werden können.

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Von den Tests des mit den Ersatzröhren bestückten unrestaurierten Chassis habe ich leider keine Fotos. Hier ist stattdessen die Testumgebung mit dem restaurierten Chassis und den Orignialröhren zu sehen.

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In den Oszilloskop - Snapshots ist gut zu erkennen wie stark das Signal am Ausgang der Siebkette mit den ausgetrockneten Originalkondensatoren im 200V - Bereich schwankt und wie wirksam der mit neuen Nichicon - Kondensatoren bestückte π-Filter die Anodenspannung glättet:

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Restaurationsphilosophie

Aus den Diskussionen in einschlägigen Foren wird schnell klar dass jeder seine eigene gefestigte Meinung zur Restauration von Radios hat - von "so lassen" bis "Sicherheit geht vor, nur neue Komponenten verwenden" ist alles dabei. Ich selbst erinnere mich noch wie ich als Kind zum ersten Mal in ein Röhrenradio hineingeschaut und mich über die vielen Widerstände, Kondensatoren usw. inklusive Rattennestverkabelung gewundert habe. Das mag der Grund sein dass ich es schade finde wenn alte Komponenten einfach rausgeworfen und durch neue ersetzt werden. Dadurch wird für mich das Flair des alten Radios verdorben oder wie es die Autoschrauber gerne ausdrücken: Der Wagen (neuer als neu aufgebaut) hat keine Seele mehr :-). So gesehen würde ich am liebsten alles so lassen wie es ist.

Andererseits bin ich durchaus auch an der Funktion eines Radios interessiert. Ich möchte selbst einen Rückkopplungempfänger (regenerative receiver, z.B. der Volksempfänger) hören, bedienen und mit einem heute üblichen Überlagerungsempfänger (superheterodyne receiver) vergleichen. Da bleibt es nicht aus dass defekte Teile zu ersetzen sind und man muss einen Kompromiss zwischen Originalität und Funktionalität finden. Ein besonderes Problem von historischen Radios (40er Jahre oder noch älter) sind die verbauten Kondensatoren, die im Laufe der Zeit ihre Kapazität verloren haben (ausgetrocknete Elkos) oder für Gleichstrom durchlässig geworden sind (Folienkondensatoren aus Papier welches sich im Laufe der Jahre chemisch verändert hat). Beides kann sehr unangenehme Folgen haben:

Filterschaltungen sind durch den Verlust der Kapazität nicht mehr wirksam.
Ein für Gleichstrom durchlässiger Kondensator welcher das Signal an das Steuergitter einer Röhre weitergibt kann den Arbeitspunkt dieser Röhre so verschieben dass die Anode glüht und die Röhre durch Überlastung zerstört wird.

Damit ist klar dass zumindest an solchen kritischen Stellen die Kondensatoren ersetzt werden müssen um die Funktion des Radios wiederherzustellen und die Zerstörung weiterer Bauteile zu verhindern. Für meinen Geschmack wäre es optimal wenn die Kondensatoren ihr Aussehen beibehalten aber wieder einwandfrei funktionieren. Im Folgenden möchte ich u.a. meine Methode vorstellen mit der ich die neuen Kondensatoren "tarne", also in die Hüllen der alten Kondensatoren einbaue. Mein Ziel ist es, die Hülle und die Anschlussdrähte und möglichst auch den Teer der Versiegelung wiederzuverwenden. Geht alles gut sieht der Kondensator nach dem Befüllen genauso aus wie vorher und besitzt die Spezifikationen des neuen. Ich versuche auch den originalen Folienwickel beim Auspressen nicht zu zerstören und bewahre ihn auf. Für mich gehört dieser noch immer zum Radio und dokumentiert die damaligen Techniken und Fertigungsverfahren.

Kondensatoren

Schritt 1:
Dokumentation des Kondensators z.B. durch Fotos im noch verbauten Zustand. Auf diese Weise können die Orientierung des Bauteils, die Lage der Schrift, die Position des außenliegenden Folienendes (schwarzer Ring) und der Zustand der Lötstellen später nachvollzogen werden.

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Schritt 2 (optional):
Weitere Fotos des ausgebauten Kondensators können später beim Wiederzusammenbau helfen. Die elektrischen Eigenschaften kann man sich jetzt mit einem gewöhnlichen Multimeter und / oder einem LCR Meter anschauen. Bei Folienkondensatoren stellt sich meist heraus dass die Kapazität mit einem LCR Meter gemessen noch einigermaßen dem Sollwert entspricht. Ein gewöhnliches Multimeter zeigt dagegen oft einen zu großen Wert (zweifach oder noch mehr) an. Gleichzeitig ergibt die Widerstandsmessung einen zwar hohen aber immerhin messbaren Wert von beispielsweise 50 Megaohm. Auch wenn ein unendlich großer Widerstand angezeigt wird kann die Leitfähigkeit (Kehrwert des Widerstandes) mit > 1nS schon zu groß sein und der Kondensator isoliert nicht mehr genug. Jetzt ist auch die Gelegenheit die Wirksamkeit des äußeren Folienendes z.B. mit einem Oszilloskop zu überprüfen welche auch bei alten Kondensatoren meist noch gegeben ist. Ausgetrocknete Elektrolytkondensatoren hingegen verhalten sich gar nicht mehr wie Kondensatoren und man misst durchweg unsinnige viel zu kleine Werte.

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Schritt 3:
Öffnen der Teerversiegelung durch Auskratzen des Materials. Ich hatte damit bisher guten Erfolg und die Außenhülse des Kondensators wird einigermaßen geschont. Für mein Gefühl ist Ausschmelzen zu gefährlich weil dabei sehr leicht die Hülse verbrannt oder im Außenbereich unschön verschmiert werden kann.

Schritt 4:
Entfernen des Folienwickels welches der eigentliche Originalkondensator ist. Ich habe es anfangs mit einfachem Auspressen versucht was bei den größeren Kondensatoren gut funktioniert. Bei den sehr kleinen Pappröhren welche für Werte < 300pF verbaut wurden ist das allerdings wegen des geringen Durchmessers kaum möglich, denn der Folienwickel ist meist durch Teerreste und Wachs ziemlich fest mit der Röhrchenwandung verklebt. Hier gehe ich folgendermaßen vor: Bisher konnte ich immer an einem Ende den Anschlussdraht mit Hilfe einer dünnen Lötspitze auslöten. Danach habe ich an dieser Seite ein dünnes Messingröhrchen aufgesetzt und mit dem Lötkolben erhitzt. Das Messing leitet die Wärme so gut dass Terreste und Paraffin aufschmelzen und der Folienwickel herausgeschoben werden kann. Auf diese Weise bleiben die Papphülse und auch der Folienwickel selbst mechanisch unbeschädigt.

Schritt 5:
Ablöten der noch mit dem Folienwickel verbundenen Drahtenden die später an dem neuen Ersatzkondensator wieder angebracht werden sollen. Damit man hierfür genug Material zur Verfügung hat empfehle ich die Drahtenden nicht abzukneifen sondern möglichst in voller Länge auszulöten.

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Schritt 6:
Anbringen der Drahtenden am neuen Kondensator. Hierbei ist auf Abstand und Orientierung zu achten damit die Drahtenden wieder die korrekte Länge haben und genauso gebogen sind wie vorher. Falls nötig müssen sie mit weiteren Drahtstücken verlängert werden. Beim Einsatz von SMD Kondensatoren empfiehlt sich für Größen von 1206 oder kleiner die Verwendung einer kleinen Unterstützungsplatine, denn die Lötpads von SMD Kondensatoren brechen leicht weg. Größere Bauformen sind stabil genug um direkt mit den Drahtenden verlötet zu werden. Wenn der Kondensator erst wieder verfüllt und versiegelt ist müssen die Lötpads keine mechanische Belastung mehr aushalten.

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Schritt 7:
Behandlung des außenliegenden Folienendes. Ist der neue Kondensator ebenfalls ein Folienkondensator muss beim Einbau nur auf die richtige Orientierung geachtet werden. Leider wird das äußere Folienende heutzutage auf den Kondensatoren nicht mehr markiert so dass man es selbst mit Hilfe eines Oszilloskopes herausfinden muss. Bei SMD Kondensatoren gibt es kein äußeres Folienende, aber meist sind diese Bauteile klein genug dass noch Platz für eine selbstgemachte Abschirmung ist. Ich z.B. verwende dafür Stücke von Plastikstrohhalmen und Aluminiumfolie.

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Schritt 8:
Verfüllung und Versiegelung des Kondensatorgehäuses. Damit der Teer beim Versiegeln auf einen Untergrund aufgeschüttet werden kann dichte ich zunächst ein Ende mit Klopapier oder Zewa ab. Anschließend verfülle ich große Kondensatoren mit Dekogranulat und kleine mit Dekosand. Das hat den Vorteil dass bei einem hoffentlich nicht eintretenden elektrischen Unfall (escape of the magic smoke) Funken und Glimmteile auf Stein treffen und weiter nichts passiert. Zum Aufschmelzen des Teers ist eine Heißluftpistole ungeeignet da diese mit einem zu hohen Luftdurchsatz arbeitet und der Teer sofort herausgeblasen wird. Ich empfehle stattdessen einen Minilötbrenner mit dem die Hitze gut dosiert werden kann. Ebenfalls empfehle ich erst ein wenig zu üben um ein Gefühl für das Aufschmelzen zu bekommen. Es passiert sehr schnell dass man die Papphülse anbrennt und damit optisch verdirbt. Anschließend drehe ich den Kondensator um und versiegele das zweite Ende sobald ich die temporäre Klopapier / Zewa - Dichtung entfernt habe.

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Schritt 9:
Durchmessen der elektrischen Eigenschaften des Kondensators. Natürlich ist es ärgerlich wenn sich herausstellt dass zum Schluss noch etwas passiert ist (z.B. ein abgebrochenes Lötpad bei einem SMD Kondensator oder die Verwendung von leitfähigem Flussmittel), aber jetzt korrigieren ist besser als den fehlerhaften Kondensator einzubauen. Noch besser ist es sicherlich wenn man den Kondensator nicht erneut öffnen muss.

Schritt 10:
Wiedereinbau des geprüften Kondensators. Hier helfen die hoffentlich vorher gemachten Fotos um Orientierung der Schrift und Lage des Kondensators wiederherstellen zu können. Wenn der Kondensator längere Zeit ausgelötet war und vielleicht noch andere Bauteile entfernt werden mussten ist man ausgesprochen dankbar wenn in den Fotos die richtige Stelle zum Einlöten festgehalten wurde. Das ist weniger zeitaufwendig und fehleranfällig als im Falle eines Falles die reale Stelle im Chassis anhand des (hoffentlich vorhandenen) Schaltplans suchen zu müssen :-).

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Lötarbeiten

Die Punkt - zu Punkt Installation an einem DKE38 lässt sich gut mit einem billigen direkt an der Steckdose angeschlossenen Lötkolben mit Wechselspitze (Ersa) bewerkstelligen. Als Flussmittel ist Löthonig recht praktisch weil dieser wegen seiner gelartigen Konsistenz an der Lötstelle haften bleibt. Allerdings ist mein Löthonig schwach leitfähig und sollte nicht für SMD Bauteile verwendet werden, insbesondere nicht für Kondensatoren. Woher ich das weiß? Bitte nicht fragen... Für das filigranere SMD - Löten habe ich meine Lötstation von Hakko verwendet.

Sämtliche Lötstellen machten bei dem Apparat einen ordentlichen Eindruck. Es wurde reichlich Lot verwendet das sauber verflossen ist und eine glatte Oberfläche gebildet hat. Ich brauchte daher nirgendwo neues Lot hinzufügen und habe mich bemüht diesen Stil der Lötstellen beizubehalten.

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Begrenzung des Anodenstroms der Gleichrichterröhre VY2

Um den Kaufpreis des DKE38 gering zu halten hatte man im Schaltungsdesign auf einen Begrenzungswiderstand für den Anodenstrom der Telefunken VY2 Gleichrichterröhre verzichtet. Zusammen mit einer großzügig bemessenen Apparatesicherung von 500mA sorgt das dafür dass bei einem Defekt der Strom durch die Röhre nicht begrenzt wird, die Sicherung nicht anspricht und stattdessen innerhalb der Röhre das Sicherungsbändchen zur Kathode durchschmilzt. Ein typischer Fall wäre das Durchschlagen eines der 4uF Kondensatoren in der π-Filter Siebkette oder der Austausch dieser Kondensatoren durch Typen mit übermäßig großer Kapazität. Da das Sicherungsbändchen innerhab der Röhre liegt kann es nicht repariert werden und die Röhre ist damit unbrauchbar. Im Laufe der vielen Jahrzehnte ist das offenbar recht häufig passiert, und intakte VY2 Röhren sind heutzutage selten und teuer.

Aus diesem Grund wird üblicherweise empfohlen eine 100mA Sicherung zu verwenden und einen Strombegrenzungswiderstand von 330R / 2W einzubauen. Diese Maßnahme ist an sich sinnvoll, aber sie ist auch ein Eingriff in die Originalität und das Aussehen des Gerätes. Erfreulicherweise gibt es mittlerweile Widerstände dieser Spezifikation als SMD Bauteil der Abmessungen "2010" das sich gut verstecken läßt. An einer geeigneten Stelle hatte ich genug Platz zum Löten und der Widerstand fällt optisch kaum auf. Zusätzlich getarnt habe ich ihn duch ein Stück Schnürsenkel von geeignetem Durchmesser und ein wenig klarem Nagellack von meiner Frau. Letzterer sorgt für das korrekte Finish und verhindert das Aufspleißen der Schnürsenkelfasern :-). Dieser Eingriff ist reversibel und der Originalzustand kann abgesehen von einer geänderten Lötstelle vollständig wiederhergestellt werden.

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Netzwerkkabel und Stecker

Auch wenn gelegentlich originale Netzwerkkabel bei E-Bay angeboten werden habe ich mich für ein neues zweiadriges entschieden welches eine sehr schöne korrekt aussehende Stoffummantelung besitzt. Außerdem habe ich ein Konvolut von alten abgeschnittenen Steckern erwerben können das auch welche im Art Déco Stil enthielt die gut zu einem Volksempfänger passen. Der Aufbau dieser Stecker war mir vollkommen neu, insbesondere die Klemmscheiben mit exzentrischem Schraubendreherschlitz finde ich ausgesprochen gelungen :-).

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Vergleicht man das alte mit dem neuen Kabel sieht man dass sich die Investition und die Mühe gelohnt hat.

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Beim Ausbau der großen Siebkettenkondensatoren sollte man daran denken dass damit auch der Zeitpunkt für eine Stromkabelreparatur gekommen ist - die Befestigungsschelle für das Kabel dient nämlich gleichzeitig als Ankerpunkt für den Haltebügel dieser Kondensatoren.

Sonstiges

Abgesehen von diesen elektrischen Reparauren war nicht viel zu tun - nur der Drehkondensator für das Einstellen der Rückkopplung saß sehr fest. Der Bakelitknopf hatte mit seiner Madenschraube schon eine (gottseidank flache) Rille in den Schaft gefräst, aber mit einem kleinen Schraubenschlüssel angesetzt an der Mutter auf der Gegenseite des Schaftes ließ sich der Kondensator gewaltsam drehen. Nach dem Einwirken von feinem konservierenden Kriechöl über längere Zeit in der Schaftbuchse ist der Kondensator wieder frei drehbar ohne dass ich irgendetwas auseinandernehmen musste. Anstelle von WD40 empfehle ich ein dünnflüssiges Kriechöl z.B. von Nigrin, das verschmiert das Bauteil nicht und hat nach längerer Einwirkung einen extrem lösenden Effekt.

Präsentation

Meiner Restaurationsphilosophie zufolge wollte ich die ausgebauten Folienwickel der Kondensatoren nicht wegwerfen. Stattdessen hatte ich die Idee, die alten Kondensatoren zusammen mit ihren modernen Gegenstücken zu präsentieren. Auf diese Art ließe sich wie in einem Industriemuseum die Technologie der 30er Jahre mit dem aktuellen Stand von 2022 vergleichen. Ich verstehe ja den Volksempfänger als eine Art Zeitkapsel, die uns den Einblick in die frührere Radiotechnik bzgl. Bauweise und Funktion vermittelt. Eine Darstellung von "Kondensatoren einst und jetzt" würde daher gut in diesen Rahmen passen. Ich habe also einen Setzkasten von passender Größe mit 10 Fächern besorgt und die alten und neuen Kondensatoren darin untergebracht. Jedes Fach enthält auch den jeweils beim Ausbau übriggebliebenen Teer.

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Neben den Kondensatoren und dem Radio selbst sind sicher auch die im Gerät verwendeten Röhren interessant. Da ich nicht immer die geöffnete Rückseite des Volksempfängers sehen möchte habe ich einen Holzsockel designed der die Fassungen einer VY2 und einer VCL11 aufnehmen kann. Diese sind tatsächlich noch im Internet zu bekommen. Ich habe sie mit schönen Rundkopf - Messingschrauben befestigt die stilecht künstlich durch Ammoniakdämpfe gealtert wurden. Dazu konnte ich zwei funktionsfähige optisch ansprechende Röhren erwerben die sich gut in dem Sockel präsentieren lassen:

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Falls die Originalröhren einmal ausfallen sollten habe ich somit direkt Ersatz :-).

Schlusswort

Beim Ausbau der beiden großen Siebkettenkondensatoren kam etwas zutage das im eingebauten Zustand nicht sichtbar war - auf beiden Kondensatoren ist die Zahl 1142 gestempelt. Höchstwahrscheinlich steht das für "November 1942" womit der Produktionszeitpunkt des DKE38 nun in etwa bekannt ist.

Offenbar wurde das Radio jahrzehntelang auf einem Dachboden warm und trocken gelagert weswegen die im Gerät verbauten Widerstände alle noch ihre Sollwerte besitzen (o.k., mit ca. 20% Streuung). Die neuen Kondensatoren entsprechen natürlich auch der verlangten Spezifikation. Damit dürfte der Apparat wie einer funktionieren der 1943 gerade die Fabrik verlassen hat. Das wird durch die Wiedergabe von Testsignalen bestätigt, was leider nicht bedeutet dass man von Testsignalen und Störungen abgesehen überhaupt etwas empfängt. Der DKE38 wurde als Billiggerät konstruiert das für den Empfang starker lokaler Sender ausgelegt war. Seit Ende 2015 gibt es solche Sender in Deutschland nicht mehr. Was soll man da machen? Selber senden natürlich! Damit hat man auch die totale Programmhoheit und kann hören was man will, es muss schließlich nicht immer eine Führerrede sein :-).

Den zusätzlichen 500pF Kondensator der die Antennenerde an die Signal / Chassis - Erde koppelt habe ich erst einmal weggelassen. Mir gefällt die Vorstellung nicht dass die Antenne über diesen Kondensator und das Entbrumm - Netzwerk direkt an die Stromversorgung angeschlossen ist. Geht etwas schief liegt die Netzspannung direkt an der Erdbuchse und der Antenne selbst. Ohne diesen Kondensator ist das Antennennetzwerk nur induktiv an den Apparat gekoppelt und es gibt keine galvanische Verbindung. Möglicherweise baue ich den Kondensator doch irgenwann wieder ein um den Originalzustand des DKE zu rekonstruieren. Herumspielen und experimentieren tue ich aber lieber ohne ihn :-D.

Update März 2023:

Ich habe den 500pF Kondensator aus folgenden Gründen wieder eingebaut:

Ein zukünftiger Besitzer wird diesen lose beiliegenden Kondensator wohl nicht recht zuordnen können wenn dieser inzwischen nicht ohnehin längst verlorengegangen ist.
Ein altes unverbasteltes Radio wie dieses ist eine Zeitkapsel die eine Geschichte erzählt. Dazu gehört sicher auch diese zeitgenössische Modifikation der Antennenerdung.

Allerdings wollte ich dieses meinem Gefühl nach zweifelhafte Konstrukt nicht wieder funktionsfähig machen. Deshalb habe ich den Kondensator nur an einem Ende angelötet und das andere Ende mit durchsichtigem Silikonschlauch abisoliert. In zwei Galeriebildern ist diese Modifikation zu sehen. Der Kondensator sieht damit fast wieder aus wie vorher, und da er jetzt nur ein dekoratives Element ist habe ich ihn original belassen obwohl ich die für den Einbau bestimmten Ersatzkondensatoren (SMD) schon besorgt hatte :-).

Das bedeutet dass ich beim Betrieb des Radios die Antenne selbst erden muss. Ich finde das lustig denn es akzentuiert ein Radioerlebnis "wie es früher einmal war".

Hörbeispiele

In den folgenden Tonaufnahmen ist der restaurierte DKE38 mit seinen Originalröhren zu hören. Man kann verfolgen wie ich einen Sender zunächst mit Hilfe des Skalenrades suche und anschließend durch Variation der Rückkopplung (rechter Knopf) und der Antennenkopplung (linker Knopf) sauber einstelle. Die Soundclips wurden von einem MP3 Player abgespielt und über eine selbsgebaute Kombination von Kurzwellensender und Sendeantenne (beide Projekte habe ich bei OSHPark veröffentlicht) abgespielt. Das bei der Aufnahme verwendete Mikrofon ist ein Sennheiser MD421 aus dem Jahr 1962 :-). Zum Anhören der Aufnahmen bitte auf den Lautsprecherstoff der unten abgebildeten Kleinempfänger klicken...

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Fotogalerie


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Referenzen

Schaltplan:
Auf seiner Internetseite stellt Norbert Meier einen von ihm überarbeiteten Schaltplan zur Verfügung. Da die originalen Schaltpläne des DKE38 leider sehr unübersichtlich geraten sind ist dieser eine unschätzbare Hilfe wenn man die Schaltung verstehen und an einer Restauration arbeiten will. Der einzige Fehler den ich gefunden habe ist der Wert des Filamentwiderstandes welcher nicht 1,2k sondern 2,2k betragen muss :-).

Jogis Röhrenbude:
Auf diesem Teil seiner Webseite stellt Joachim Gittel (Jogi) mehrere Varianten des DKE38 - Schaltplans zur Verfügung. Weiterhin findet man dort jede Menge begleitender Dokumente wie Bedienungsanleitungen, Skalenschilder und vieles mehr.

Dampfradioforum:
Ein bekanntes deutschsprachiges Forum für historische Radios in welchem jede Menge Quellmaterial zu finden ist. Auf meine Fragen habe ich dort immer eine schnelle, freundliche und kompetente Antwort erhalten.

Mr Carlson's Lab:
Ein englischsprachiger YouTube - Kanal dessen Besitzer Paul Carlson Restaurationen von historischen Radiogeräten (Empfänger und Sender) in größtmöglicher Tiefe vorstellt. Auch wenn seine Restaurationsphilosophie überhaupt nicht meiner eigenen entspricht, in Bezug auf technische Kompetenz und Klarheit der Erklärungen wird man kaum etwas besseres finden.


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